Donnerstag, Februar 04, 2010

Von Leichensäcken und dem VDS


Guess what, liebe Freunde der deutschen Sprachkultur. Da wurde in den letzten Tagen wieder hitzig darüber geredet, wie viel Englisch denn gut für uns Deutsche sei und schon hetzen... Entschuldigung, rollen die Mitglieder des Vereins der Deutschen Sprache geschwind zum nächsten Pressemeeting, um ihre wirklichkeitsfernen Ideen einer Sprachreinrassigkeit kundzutun. Anlass war diesmal das Vorhaben des neuen Verkehrsministers Peter Ramsauer, der nun offiziell zum Kampf gegen Anglizismen bläst. Als erstes wird die Deutsche Bahn dran glauben müssen - hier wird es in Zukunft nicht mehr "Service Point" sondern "Informationsstelle" heißen. Eine vielleicht noch moderate Änderung, allerdings finde ich es fraglich, gerade in Bereichen auf Deutsch zu pochen, die stark im Tourismus verwurzelt sind. Für Nichtdeutsche ist dies nicht sonderlich hilfreich. Der VDS allerdings denkt zwischen Lindenstraße und Bingo-Partien im Schlaftablettendelirium natürlich schon viel weiter.

Stern-Redakteur Mark Stöhr berichtet:

(...) Der Verein Deutsche Sprache (VDS) hat den Vorstoß des Ministers naturgemäß begrüßt. Seit 1997 angeln sich die Sprachhüter aus Dortmund Anglizismen und suchen nach deutschen Entsprechungen. Das "Laptop" ist ein "Klapprechner", der "Scanner" ein "Abtaster", der "Cheeseburger" ein "Käsehamburger" und der "Toast" ein "Röstbrot". Man muss ihnen zufolge auch nicht unbedingt "scrollen", sondern kann auch schlicht "rollen", wer "tickert", kann genauso gut "fernschreiben" dazu sagen, und wer "twittert", "blitzbloggen". Aber ist die "Disco" tatsächlich das gleiche wie ein "Tanzlokal"? Bisweilen erinnert die zwanghafte Eindeutschung englischstämmiger Begriffe an die Wortwitze in der untergegangenen DDR: "Auslegware" für "Teppichboden" und "Brettsegeln" für "Surfen".

Das Problem beim Denglischen ist oft, dass die Benutzer Deutsch halbwegs beherrschen, aber Englisch mal so gar nicht. Ein Ladenbesitzer etwa, der es cool, nein, kühl findet, eine stinknormale Tragetasche nicht "Tragetasche" zu nennen, sondern "body bag", bietet im eigentlichen Sinne des Wortes einen Leichensack an. Das bei sportlichen Großereignissen hierzulande so beliebte "public viewing" ist unter Briten gänzlich unbekannt, Amerikaner verstehen darunter die öffentliche Aufbahrung toter Berühmtheiten. Und wer im Kino einen "Blockbuster" guckt statt eines "Kassenschlager", sollte sich bewusst sein, dass im Zweiten Weltkrieg vielen wegen der berüchtigten "Wohnblock-Knacker" Hören und Sehen verging.

God be thank, ist unsere politische Elite ausgesprochen polyglott und weiß, wovon sie spricht. Guido Westerwelle, in Foren nur noch "the german outside minister", parliert auf dem diplomatischen Parkett bekanntlich flüssig in Deutsch wie in Englisch. Und Günther "We are all sitting in one boat" Oettinger, der zukünftige Energie-Kommissar in Brüssel, brachte es aufgrund seiner Sprachkompetenz sogar zum YouTube-Star. Er kann, was sonst keiner kann: drei Sprachen auf einmal. So viel Multitasking, nein, Simultanerledigung kann sich Verkehrsminister Ramsauer auf seinen Schienen nur wünschen.


Den ganzen Artikel findet ihr hier.

Vorherige Episoden mit dem VDS auf derwgblog.de gibt es hier und hier und hier.

3 Kommentare:

Forenpoet hat gesagt…

Ach Gott ja, wer dümmlich kritisiert um des Kritisierens willen, der möge wenigstens zwei Dinge beachten:
1) Im Englischen ist "Service Point" unbekannt. Er heußt bestenfalls "Service desk"
2) Alle Touristen (=Ausländer) sprechen Englisch? Da ihnen laut dem Blog mit (unverständlichem und unbeholfenem) Englisch geholfen werden soll.

Kante hat gesagt…

Ich versteh den Kommentar nicht. Wie ist denn der 2. Satz zu verstehen? Sprechen nicht alle Touris Englisch? Kenn aber auch nicht viel Touris aus den Oststaaten, alle anderen sprechen doch Englisch. Hm na ja aber ich hab auch gerade einen geraucht! Hm!

Anonym hat gesagt…

Hallo.
Ich mochte mit Ihrer Website derwgblog.blogspot.com Links tauschen

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