Als Reaktion auf meinen Eintrag zum Tag der Deutschen Sprache am Samstag, habe ich folgenden Kommentar von Dr. Hans-Joachim Grobe erhalten. Ich hoffe es ist ok.... IN ORDNUNG für Sie wenn ich Ihre Kritik an meinem Blogeintrag auf die Hauptseite stelle:
Verehrter Paul,
vielen Dank für die "guten Wünsche" zum Tag der deutschen Sprache! Am liebsten würden Sie ja uns, die wir uns gegen die unnötige Verdenglischung unserer ausdrucksreichen Sprache wenden, zum Teufel wünschen und Ihre USA-Gläubigkeit pflegen, wie man ja unschwer auf Ihren Webseiten erkennen kann.
Auch ich bin so eine verkalkte Rentnerexistenz, der der JU-Vorsitzende Mißfelder CDU-MdB) ja keine ausreichende Gesundheitsvorsorge mehr zugetehen will. Also ab auf den Müll mit uns und unseren Sprachutopien!
Eins, lieber Paul, aber haben Sie noch nicht begriffen: Wir vom Verein Deutsche Sprache sind mehrheitlich keine Sprachpuristen, die kein englischsprachiges Wort dulden wollen. Natürlich gibt es in jedem Verein Extremisten, aber die Spinner muß man halt auch ertragen.
Wir wehren uns gegen überflüssige Anglizismen und die damit verbundene Anglomanie, der Sie ja offenbar auvh erlegen sind. Motto: Wenn's nicht auf englisch ausgedrückt wird, taugt's nix. Unsere Sprache ist sehr ausdrucksreich und variantenreich. Denken Sie nur an die Vielfalt für den Begriff "Ticket": Da haben wir die Eintrittskarte, den Fahrschein, die Fahrkarte und den Flugschein. Die Verwendung von 'Ticket ist also eine ausgesprochene Sprachverarmung. Wollen Sie das? Es gibt noch zahlreiche andere Beispiele.
Ich bin auch gegen die krampfhafte Suche nach deutschen Wörtern dort, wo wir wenig Passendes finden, z.B. bei Fitness oder Sexappeal. Und ich habe auch Zweifel, ob sich die gesuchten Alternativen alle durchsetzen. Betrachten wir es doch als Herausforderung an die Sprachphantasie! Daß die Amies oder die Briten sprachschöpferisch produktiver sind, wage ich zu bezweifeln, höchstens im Bereich der SMS-Sprache. Aber die betrachte ich auch als Weg zur Ausdrucksarmut.
Und daß die Amerikaner heute noch kulturell als Vorbilder betrachtet werden können, möchte ich zumindest seit George Dabbeljuh bezweifeln. Wenn ich mir allein überlege, daß ca. 30% der Amerikaner die Evolutionstheorie ablehnen und aus den Schulen verbannen wollen, dann fasse ich mich an den Kopf!
Wir Deutsche sollten wieder mehr Selbstbewußtsein haben, auch sprachlich. Immerhin wagt man seit der Fußball-WM wieder, Flagge zu zeigen. Das gab es seit der Nazizeit nicht mehr.
Noch eins: Viele Ausländer mokieren sich über die Anglomanie der Deutschen, was nicht gerade dazu beiträgt, uns zu achten. Da sind die Franzosen doch aus anderem Holz geschnitzt!
Wie sagte doch Karl Valentin? "Das ist meine Meinung!"
In diesem Sinn beste Grüße aus Unterfranken.
Vielen Dank für ihren ausführlichen Kommentar! Sie haben einige Argumente die durchaus nachvollziehbar und erstrebenswert sind. Ihre Fixierung auf die Staaten kann ich dabei jedoch nur bedingt nachvollziehen. Nicht alles kann „George Dabbeljuh“ in die Schuhe geschoben werden.
Wie Sie bereits richtig erkannt haben, kann man auf unserem Blog tatsächlich eine gewisse USA-Affinität finden. Dies mag daran liegen, dass drei der Blog-Autoren Amerikanisten sind und bereits einige Zeit in den Staaten verbracht haben. Was mich betrifft, so reagiere ich gerade deswegen in letzter Zeit ein wenig aggressiv auf die allgemeine Anti-USA-Stimmungsmache (hier liegt auch die Begründung für meinen kritischen Eintrag). Die „Schuld“ für das Denglisch- Phänomen ist in keinem Fall in Amerika zu suchen. Wenn der Finger überhaupt auf jemanden zu zeigen ist, dann auf uns selbst: Wir bedienen uns einfach nur zu gerne am Wortschatz der angelsächsischen Sprache. Beispielsweise haben die „Amies“ keine SMS-Sprache entwickelt, da das SMS-System nie in den USA Fuß fassen konnte und so ziemlich niemand es dort benutzt. Auch hier waren wohl eher WIR am Werk.
Im Übrigen finde ich es schade, dass Sie ein ganzes Land kulturell anhand ihres Präsidenten bewerten (mit Verlaub, denken Sie doch einmal daran man würde dies mit unseren Bundeskanzlern tun, oje) den schon zu Wiederwahl nur knapp über die Hälfte der Bevölkerung wählte und inzwischen niemand mehr möchte. 30% der Amerikaner mögen die Evolutionstheorie ablehnen – bedenken Sie aber auch hier, dass die USA aus vielen verschiedenen Volksgruppierungen besteht welche mitunter noch sehr gläubig sind: Jemand der an die Bibel glaubt, ist ja noch lange kein Kulturbanause. Es ist unmöglich die USA demographisch und kulturell mit Deutschland zu vergleichen.
Ihrer Meinung zum neu gefundenen Nationalbewusstsein kann ich mich nur anschließen: Sprach man früher davon „man könne doch auf sein Land stolz sein“ wurde man oft schief angeschaut – heute denkt man mitunter anders. Deshalb sollte man sicherlich auch auf seine Sprache stolz sein. Sind die Franzosen dabei aber wirklich so ein gutes Beispiel? Französische Kinder wachsen nicht wie deutsche mit der englischen Sprache auf, was auch daran liegen mag, dass der Sprachunterricht in französischen Schulen eine eher sekundäre Rolle spielt (oftmals ein großer Nachteil im späteren Berufsleben). Ich denke daher, dass eine Hermetisierung des Deutschen keine wünschenswerte Alternative darstellt – der richtige Mittelweg muss gefunden werden!
Verstehen Sie mich nicht falsch Herr Dr. Grobe, ich denke die Arbeit des Vereins Deutsche Sprache e.V. ist hinsichtlich des Schutzes der deutschen Sprachkultur wichtig. Jedoch bin ich der festen Überzeugung, dass es sich bei der Anglisierung unserer Sprache weniger um eine Invasion als vielmehr um ein hausgemachtes Problem handelt. Schuldige zu suchen und an den Pranger zu stellen ist also eher unproduktiv. Ihr Ziel Deutsch für die Jugend wieder attraktiver (cooler) zu gestalten halte ich für den besseren Weg.
Liebe Grüße aus Leipzig!
1 Kommentar:
Wie halten Sie es eigentlich mit der Neuen Rechtschreibung, Herr Grobe?
Dass Sie diese in keinem Punkt angenommen haben, zeugt für mich schon von einem gewissen Konservatismus. Sicher gibt es noch immer starke Kontroversen über den Sinn bzw. Unsinn einiger Regelungen. Aber sollte man nicht dennoch versuchen, diese beschlossene Sache zu unterstützen? Wenn auch gewisse Dinge - Getrennt- und Zusammenschreibung beispielsweise - für mich immer noch nicht transparent sind... Die Sache mit dem Doppel-s kann man doch bitteschön akzeptieren, oder? Sprache lebt! Sie verarmt nicht wie Sie sagen - sie verändert sich.
Kommentar veröffentlichen