Mittwoch, Juli 02, 2008
Fusion 2008
Die Fusion findet seit nun über 10 Jahren jedes Jahr Ende Juni auf einem ehemaligen russischen Militärflugplatz in der Nähe von Lärz statt. Das Festival versteht sich dabei selbst als eine Parallelgesellschaft der ganz speziellen Art, bei der die Sehnsucht nach einer besseren Welt dargestellt werden soll. Dies wird durch einen wilden Mix von Musik, Theater, Performance und anderen Kunstdarstellungen zum Ausdruck gebracht, der in seiner Gesamtheit mit dem Publikum den von allen FusionistInnen geliebten Ferienkommunismus ergibt. So zumindest die Philosophie der Veranstalter.
"Verschallert". Das Wort hatte ich noch nie zuvor gehört, was zum einen mit meinen mangelnden Festival-Erfahrungen zusammenhing, oder einfach in meiner geographischen Abstammung begründet ist (Nein, nicht Mars). Am Wochenende fand auf dem Fusion Festival 2008 auf jeden Fall ein guter Einsteigerkurs im "Verschallert sein" statt.
Bevor es soweit war, ging es mit dem neuen Wohnbus "Jürgen" von Richi und Nancy am Donnerstag jedoch quer durch mein Heimatland Brandenburg zum Festivalgelände. Nach ein paar Stunden anstehen, ging schließlich die Jagd nach dem besten Stellplatz los. Nachdem wir ein paar Chaoten, die eine fragwürdige Beziehung zu einer mitgebrachten Couch pflegten, vertrieben hatten, konnte der Aufbau beginnen. Da guckt ein Paul natürlich wie ein Schwein ins Uhrwerk, wenn es auf einmal heißt: Zelt aufstellen, aber zack! Mit nur minimaler Hilfe habe ich es dann aber trotzdem geschafft.
Von Anfang an war uns dabei nicht wirklich das Wetter hold. Während am Anreisetag noch fröhlich die Sonne schien, hatte sich der Himmel am Freitag bereits mit dicken Wolken zugezogen. Ein Hoch auf denjenigen, der die Idee mit dem Pavillion hatte, der sich noch als überraschend regenfestes Wohnzimmer für uns herausstellen sollte. Vom Wetter ließen wir uns jedoch nicht sonderlich beeinflussen und machten uns auf in Richtung Partyzone. Dort wurde mir dann als Fusionneuling in einem Orientierungsgang die Location vorgestellt. Das Gelände besteht aus zahlreichen zu Bühnen umfunktionierten Hangars, mehreren Stages für Bands, Gebäude mit In-Door-Acts, Kino & Theater, Bereiche für Darstellungen und Ausstellungen, viele gemütliche Chill-Areas und natürlich jede Menge Sauf- und Fressgelegenheiten (auf der Fusion, einem Festival mit tiefen Hippie-Wurzeln, selbstverständlich nur vegetarisch). Schön wie dort alles auch ohne ein Massenaufgebot von Security und Ordnern ruhig und friedlich ablief. Überhaupt merkt man schon sehr deutlich den Unterschied zwischen dem Publikum auf der Fusion und dem Publikum auf dem Melt! Festival.
Stilistisch liefen einige uns je nach geistiger Zurechnungsfähigkeit zu Hochformen auf. Da wurden Stoffschweine missbraucht, Leuchtsterne angeklebt, Absperrband zweckentfremdet und schließlich auch das eine oder andere Küchenutensil als Tanzhilfe verwendet. Immer dabei und letztendlich absolut notwendig waren dabei Frosch- und Käferschirm, die Nancy mitgebracht hatte. Damit konnte man sich nicht nur sehr einfach im Gewühl der Menge wiederfinden, sondern sie eigneten sich auch als Ausdrucksobjekt beim Tanz. Besonders Richi war irgendwann nicht mehr vom Schirm zu trennen und schlug sogar das Angebot eines Fremden, ihm den Schirm für 100Euro abzukaufen, aus.
In den Nächten/Tagen trieben wir es wild und gemäß der Philosphie des Festivals kreierten wir im Rausch unsere eigene Vorstellung von Realität. Das dabei so manche Zeitplanung durcheinander geriet, ist selbstverständlich. Irgendwann haben wir es einfach aufgegeben, das prall gefüllte Festivalheft zu studieren und verpassten damit sicherlich den ein oder anderen Lieblingsact, zumal wir bald auch nur noch an der Turmbühne abhingen. Wie es auf dem riesigen Minimal-Electro-Floor aussah, könnt ihr im folgenden Zusammenschnitt sehen. Und Nancy kann sich dazu noch ein wenig ärgern ;o)
Als dann am Sonntag morgen mit zusammengerechnet vielleicht 5 Stunden Schlaf im Körper unser 3-tägige Partymarathon dem Ende zuging, zeigte sich tatsächlich zum ersten Mal die Sonne für länger als fünf Minuten (Die Sonnenbrillen hatten wir allerdings schon seit Stunden auf). Die Stimmung an diesem Morgen, an dem wir schließlich auf einer Mauer mit Überblick auf das Turmbühnenareal saßen, gehörte für mich zu den absoluten Highlights des Festivals. Stundenlanges chillen, ohne die Gadgets, mit denen ich mich normalerweise massenweise umgebe, um mich nicht zu langweilen. "Einfach nur schön" - wohl mein Satz der Fusion 2008 ;)
Ein großes Danke an Schulle, der während des gesamten Festivals krank im Zelt lag und aber trotzdem noch ein paar Fotos am ersten Abend machen konnte. Nächstes Mal lässt du deine Erkältung einfach zuhause... die jetzt übrigens die ganze WG angesteckt hat.
Das war es allerdings wert.
Es lebe der Ferienkommunismus!
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4 Kommentare:
Was für ein amüsanter Bericht, habe ihn sogar bis zum ende gelesen und das Video angeschaut. Ach und Paul das mit der Sonnenbrille haste nur gewünscht hattest nämlich gar keine auf und auch ansonsten ... wie war das mit dem Zelt und der minimalen Hilfe? Richi mach mal ich muss auf Toilette???? Na ja aber schön, dass es dir gefallen hat mal nen paar Tage im Dreck zu leben :-)
Paul wird noch zum größten Camping-Fan. Auch wenn er auf dem Camping-Stuhl noch ein wenig unbeholfen ausschaut.
Naja eins nach dem anderen. Beim nächsten mal schaut das sicherlich schon viel professioneller aus ;) Definitiv habe ich aber meine Dixiklo-Fertigkeiten perfektioniert!
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